Roger Sutter (Autor)
Viele Fragestellungen sind komplex und vielschichtig. Die Wahrheit liegt deshalb meist dazwischen oder in ganz neuen Ansätzen. Gewinner ist, wer das Beste aus zwei Welten vereinen kann und über den (gewohnten und bekannten) Tellerrand zu blicken vermag. Genauso verhält es sich bei unseren Digitalisierungs- und Transformationsprojekten.
Ganz am Anfang stehen folgende wichtige Überlegungen: Was sind die Rahmenbedingungen des Projektes? Was sind die Projektziele? Wie klar bzw. komplex sind die gewünschten Ergebnisse? Traditionelle und agile Methoden führen im Grundsatz gleichermaßen zum Erfolg. Die Frage ist nur, welche Projektmanagement-Methode im spezifischen Kontext am besten geeignet ist. Das heute sehr verbreitete hybride Projektmanagement wägt die Vor- und Nachteile sorgfältig ab und definiert das für das Unternehmen und das Projekt am besten geeignete Methodenset. Dieses sollte professionell aufgesetzt, gut eingeführt und mit dem Projektteam im Rahmen der Retrospektive laufend optimiert werden. Kein Projekt startet auf Anhieb perfekt eingespielt, vor allem da meist sehr unterschiedliche Beteiligte in verschiedener Zusammensetzung funktionieren müssen und alle einen anderen Erfahrungsrucksack mitbringen. Dennoch schafft es ein gut aufgesetztes Projekt, die Motivation hochzuhalten und dem Projektteam Sicherheit und Orientierung zu geben.
Die Gründe, warum zahlreiche "agile" oder "hybride" Projekte in der Praxis scheitern, sind vielfältig:
1. Mangelnde Erfahrung: Agile Entwicklung erfordert ein tiefes Verständnis von agilen Methoden und Praktiken. Wenn ein Team oder ein Projektmanager keine Erfahrung mit agilen Methoden hat, kann es schwierig sein, diese effektiv anzuwenden.
2. Fehlende Unterstützung: Agile Methoden erfordern oft eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen. Wenn nicht alle Stakeholder das agile Vorgehen unterstützen, kann dies die Umsetzung von agilen Methoden erschweren.
3. Mangelnde Planung: Agile Entwicklung erfordert zwar eine flexible und iterative Vorgehensweise, das bedeutet aber nicht, dass es keine Planung gibt. Ein Mangel an Planung kann dazu führen, dass das Team nicht in der Lage ist, klare Ziele und Meilensteine zu definieren und den Fortschritt des Projekts zu messen.
4. Schlechte Kommunikation: Agiles Vorgehen erfordert eine offene und rege Kommunikation innerhalb des Teams sowie zwischen den Anspruchsgruppen. Ungenügende Kommunikation bewirkt, dass wichtige Informationen nicht geteilt werden und das Projekt sich dadurch verzögert oder in die falsche Richtung geht.
5. Unklare Anforderungen: Agile Entwicklung erfordert, dass das Team schnell auf Änderungen reagieren kann. Wenn die Anforderungen nicht klar definiert sind oder sich häufig ändern, kann dies zu Verwirrung und Unsicherheit sowie Verzögerungen und höheren Kosten führen.
6. Fehlende Kontrolle: Eine kontinuierliche Überwachung des Fortschritts und der Qualität ist in einem agilen Projekt essenziell. Wenn das Team keine Kontrolle über das Projekt hat, sind Zielverfehlungen (Zeit - Qualität - Kosten) sehr wahrscheinlich.
7. Mangelnde Disziplin: Agile Entwicklung erfordert Disziplin und Engagement von allen Beteiligten. Wenn das Team nicht diszipliniert arbeitet oder sich nicht an die vereinbarten Prozesse hält, kann dies zu Problemen führen.
Agiles Projektmanagement ist keine Lösung für alle Probleme und nicht für jedes Projekt geeignet. Es erfordert eine sorgfältige Planung und Vorbereitung sowie eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung, um erfolgreich zu sein.
Wie kommen Sie am besten zu einem hybriden Projektansatz, der zu Team und Projekt passt?
1. Verstehen Sie die Bedürfnisse des Projekts: Bevor Sie einen hybriden Ansatz wählen, sollten Sie sich klar darüber sein, welche Anforderungen das Projekt hat. Dabei sollten auch die unterschiedlichen Anforderungen der Teilprojekte berücksichtigt werden, um darauf gestützt agile und traditionelle sinnvoll zu kombinieren.
2. Wählen Sie die richtigen Methoden: Sobald Sie die Bedürfnisse des Projekts verstanden haben, können Sie die geeigneten Methoden (z.B. Scrum, Wasserfall, hybride Variante) auswählen.
3. Definieren Sie klare Rollen und Verantwortlichkeiten: Hybride Projekte erfordern eine klare Zuweisung von Rollen und Verantwortlichkeiten. Stellen Sie sicher, dass jeder im Team weiß, welche Aufgaben er hat und wie er zur erfolgreichen Umsetzung des Projekts beitragen kann.
4. Kommunizieren Sie regelmäßig: Kommunikation ist entscheidend für den Erfolg jedes Projekts, insbesondere auch hybrider Projekte. Stellen Sie sicher, dass das Team regelmäßig kommuniziert, damit alle auf dem gleichen Stand sind und Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden können.
5. Verwenden Sie agile Prinzipien, um die Flexibilität zu erhöhen: Agiles Projektmanagement betont Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Dessen Prinzipien sorgen dafür, dass das Team schnell auf Änderungen im Projekt reagieren kann.
6. Implementieren Sie klare Prozesse und Standards: Obwohl ein hybrider Ansatz flexibel sein soll, ist es wichtig, klare Prozesse und Standards zu definieren, um sicherzustellen, dass das Projekt auf Kurs und die Qualität der Arbeit hoch bleibt.
7. Überwachen Sie den Fortschritt regelmäßig: Stellen Sie sicher, dass das Team regelmäßig den Fortschritt des Projekts überwacht und Probleme frühzeitig erkennt und behebt. Implementieren Sie ein geeignetes Reporting-System, um sicherzustellen, dass das Management regelmäßig über den Fortschritt des Projekts informiert wird.
8. Befähigen Sie das Team und coachen Sie es: Oft ist eine Organisation gewachsen und die Teams sind nicht gewohnt, agil zu funktionieren. Die Unternehmens- und Führungskultur hat dies bisher vielleicht nicht aktiv gefördert und ist in Silos und Hierarchien organisiert. Neben den inhaltlichen und systemischen Herausforderungen kommen methodische Herausforderungen hinzu. Das Team sollte dabei aktiv geschult und unterstützt werden.
Durch die konsequente Berücksichtigung dieser Punkte dürften Sie in der Lage sein, einen erfolgreichen hybriden Projektansatz zu entwickeln, der auf die Bedürfnisse Ihres Projekts abgestimmt ist und es Ihrem Team ermöglicht, effektiv und effizient zu arbeiten. Trotz aller Umsicht dürfen die hohen Anforderungen an die Verantwortlichen eines "hybriden" Projektes nicht unterschätzt werden. Eine hohe Veränderungsbereitschaft, eine gute Fehlerkultur, Projekterfahrung sowie das nötige Mass an Eigeninitiative, Mut und Kreativität begünstigen erfahrungsgemäss den Projekterfolg wesentlich. Wird dies von der Führung nicht unterstützt und vorgelebt, dann stehen "hybride" Projekte auf wackliger Basis und der Gegenwind ist vorprogrammiert. Ein frühzeitiger Erfahrungsaustausch mit "Peers", C-Levels und Beratern, die vergleichbare Vorhaben bereits erfolgreich umgesetzt haben, ist vor diesem Hintergrund zu empfehlen.